Chorimpressionen

     


 
Nach vielen Monaten Arbeit – an das Werk herantasten, die Stimme geschmeidig machen, sich der Seelenlage des Komponisten annähern – der letzte Abend, das große Ereignis. Jetzt: im Zentrum des Gesanges stehen, im Geflecht der Töne und Klanglinien verwoben werden, mitweben. An einer musikalischen Geburt teilhaben. Es ist der künstlerische Höhepunkt eines dornigen Weges. Sechzig Sängerinnen und Sänger, die keine Profis sind und größtenteils auch keine musikalische Ausbildung haben, müssen sich jeden Takt, jede Intonierung, jede dynamische Variation erst erarbeiten und durch ständigen Neuversuch aneignen. Das geht nicht ohne Auseinandersetzung, Frustration, Rückschläge ab.

Aber das Erstaunliche: aus diesen sechzig AmateurmusikerInnen wird, mit jeder Probe mehr, ein guter, am Schluß gar ein hervorragender Chor. Das hat mit unserer unbestechlichen, unbeirrbaren, dynamischen Leiterin zu tun: Christiane formt mit weit ausgreifender Gestik und energiegeladener, fördernder, oft auch fordernder Stimme am akustischen Eindruck des Chores herum wie ein Töpfer an einem Tonklumpen, aus dem schließlich nach langem Arbeitsprozeß eine formschöne Vase entsteht.

Dieser Erfolg ist auch ein Resultat der menschlichen Gemeinschaft, die in Melanchthon in vielen Jahren gewachsen ist und mit fast jeder Begegnung neue Blüten treibt. Hier sind Leute aus den unterschiedlichsten Bereichen des Lebens in breiter Altersspanne zusammengekommen. Diese Gemeinschaftlichkeit, die durch vielfaches Erleben von Musik, Festen, Alltag und Ausflug gestärkt wird und zu einer Reihe langjähriger Freundschaften geführt hat, bewährt sich auch im Konzert: Der Blick schweift auf vertraute Gesichter, Freunde, Bekannte, Menschen, die ein besonderes Musikerlebnis mit mir teilen.  (Dr. Uwe Kievelitz, Tenor